William Fitzsimmons

William Fitzsimmons war nie einer jener Songwriter, die uns in Wortfluten ertrinken lassen und uns mit wilden Assoziationsketten die Luft abschnüren. Seine Kunst war schon immer eine intuitive, seine Songs vertraut wie der Atem eines geliebten Menschen, seine Worte simpel und kraftvoll zugleich, seine Stimme ein weises Wehen.

William Fitzsimmons Songs handeln vom Glück.

Zumindest will man dies behaupten, nachdem man sich der Schönheit ihrer Melancholie hingegeben hat. Beschäftigt man sich aber mit ihrem Ursprung, tun sich wahrlich Abgründe, letztlich die dunkle Seite ihres Schöpfers auf.

Erst dann erklärt sich die Tiefe und Eindringlichkeit, die Fitzsimmons Songs prägen und aus der heraus sich die Schönheit so ambivalent präsentiert, wie meist das Glück selbst.

Seine Ausbildung fließt in seine Musik ein

William Fitzsimmons ist Songwriter und Psychotherapeut. In seinem musikalischen Schaffen verwebt er auf einzigartige Weise Ehrlichkeit, Verdorbenheit und Autobiographisches zu einem scheinbar nahtlosen Ganzen. Sie sind sorgfältig konzipiert, von Familiengeschichten, intimen Offenbarungen und mutigen Bekenntnissen geprägt und liefern einen facettenreichen Folk, der in seiner Vielfalt akkustisch und schnörkellos oder auch gewaltig und elektronisch sein kann. Und sie spiegeln die Hingabe Fitzsimmons wider, gerade die drängenden Fragen zu stellen, die zu oft nicht ausgesprochen werden.

Zur Musik kam William Fitzsimmons durch den Einfluss der Eltern, die das Zuhause seiner Kindheit mit unzähligen Instrumenten, Gesangsabenden und musiktheoretischem Unterricht füllten. Über eine bloße Freizeitbeschäftigung hinaus aber diente die Musik als essentielle Kommunikation zwischen Williams und seinen Eltern — sie waren beide blind. Da er die Welt ganz anders erlebte als sie, mussten sie sich auf die Sprache der Musik verlassen, um emotionale Brücken zu schlagen.

Die Musik half William Fitzsimmons Distanz zu seiner Arbeit zu finden

Fitzsimmons wandte sich in der Zeit, als er aufs College ging und seinen Universitätsabschluss als Psychotherapeut machte, ganz von der Musik ab. Es war ein lang gehegter Traum gewesen, Psychotherapeut zu werden und nach seinem Abschluss arbeitete er mehrere Jahre mit geistig besonders schwer geschädigten Menschen. Bereits am Ende der Ausbildung hatte er jedoch begonnen, Songs zu schreiben, zur Vorbereitung auf die psychotherapeutische Tätigkeit und als kathartische Arbeit an sich selbst, um einen Umgang mit den eigenen psychischen Beschwerden zu finden.

Wie die Musik die Oberhand gewann

Die ersten beiden Alben nahm William Fitzsimmons zu Hause auf und produzierte sie auch selbst. Sie beleuchten seine ungewöhnliche Erziehung und das Auseinanderfallen der Familie in den Jugendjahren. Eine zurückhaltende Präsentation und unverhohlene Beschreibungen familiärer und zwischenmenschlicher Desillusionierung fanden schnell viele Hörer. Es dauerte nicht lange, Fitzsimmons war immer noch als Psychotherapeut beschäftigt, und seine Songs wurden weit verbreitet und in überregionalen Fernsehprogrammen gesendet. Eine derart intensive Selbstoffenbarung im Denken und Schreiben verlangte wachsenden Tribut, und so musste Fitzsimmons bei den Aufnahmen zum Goodnight-Album feststellen, dass sein Leben an vielen Stellen auseinanderzubrechen drohte.

In William Fitzsimmons drittem Album, The Sparrow and the Crow von 2008, steckt eine detaillierte und betrübliche Schilderung der Scheidung von seiner Frau nach fast zehn Jahren Ehe. Das Album ist als persönliche Entschuldigung an sie geschrieben und es erzählt ahnungsvoll, aber genuin vom Unglück und von einer Versöhnung mit den dunkelsten Zeiten seines Lebens. Es wurde zu iTunes’ Bestem Folk Album des Jahres 2008 gekürt. Nach seinem Erscheinen nahm Fitzsimmons schließlich eine mehr als zweijährige Auszeit vom Songwriting.

Fitzsimmons folgende Veröffentlichung Gold In The Shadow, ist die musikalische Reflektion einer seelischen Wiederbelebung und psychischen Erneuerung, die der Songwriter in den Jahren nach der Scheidung erlebte. Die Songs basieren auf einer bestimmten Abfolge psychopathologischer Störungen aus dem Diagnostischen und Statistischen Handbuch Psychischer Störungen IV (DSM-IV), und er beschreibt sie als „eine reale und sich seit langem anbahnende Konfrontation mit persönlichen Dämonen, vergangenen Fehlern und dem Schemen der Geisteskrankheit, der während einem Großteil meines Lebens über mir hing.“ Drehten sich seine bisherigen Alben überwiegend um die düsteren Seiten zwischenmenschlicher und innerer Katastrophen, ist Gold In The Shadow dagegen ganz auf Heilung ausgerichtet. Fitzsimmons erzählt: „Ich hatte einen Punkt erreicht, an dem ich entweder meinen Krankheiten hätte nachgeben müssen oder sie direkt angreifen. So oder so konnte ich nicht mehr weitermachen wie bisher.“

Gold In The Shadow markiert damit eine willkommene musikalische Umkehr — nicht weg von der Authentizität seines Songschreibens, sondern hin zu einem neuen Fokus. Fitzsimmons wendet sich vormusikalischen therapeutischen Leidenschaften zu, jetzt jedoch mit einem Blick auf aktuelle, optimistische Veränderungen. Das Album ist gefüllt mit persönlichen Elementen und unternimmt zugleich einen ersten Streifzug in andere Perspektiven, indem er – zusätzlich zu seinen eigenen – Leben und psychologische Kämpfe von Menschen aus seinem Umfeld untersucht. Er erkennt darin den unbewussten Schatten des Ich und den Freudschen Todestrieb an. Aber dennoch, oder gerade deshalb, nimmt er Hoffnung auf.

Das nächste Album, Lions, ist eine musikalische Reflextion über die persönliche Erneuerung die William Fitzsimmons, seit erscheinen des letzten Albums, erlebte. Er schrieb die Songs absichtlich ohne klares Ziel vor Augen, vielmehr wollte William Fitzsimmons den Spirit seiner künstlerischen Anfangszeit wieder aufspüren. Produziert wurde Lions von Chris Walla. Hiermit erfüllte sich ein großer Wunsch William Fitzsimmons. Nach Fertigstellung der Songs machte dieser nämlich eine Liste mit Lieblingsproduzenten, Chris Walla an erstere Stelle. Und tatsächlich meldete sich dieser und zusammen stellen die beiden das Album fertig.

In seiner neuesten Veröffentlichung „Pittsburgh“ verarbeitet William Fitzsimmons den Tod seiner Großmutter. Die sieben Songs der Platte sind in nur 3 Tagen entstanden. Sie spiegeln die Emotionen und Erinnerungen wieder die in William Fitzsimmons durch die Beerdigung seiner Großmutter geweckt wurden. Jedoch sind die Lieder nicht schwer und besonders traurig. Vielmehr setzt der Sänger einer für ihn sehr prägenden Person, ein letztes Denkmal, aus Songs die voller Wärme und Herzlichkeit sind, jedoch nicht den Moment ihrer Entstehen vergessen.

Man hört diese Wichtigkeit nicht nur, man spürt sie in jedem dieser sieben Songs. Angefangen bei »I Had To Carry Her (Virginias Song)«, den die Melancholie eines langen Lebens durchzieht, über den Titelsong mit seinem zarten Pianospiel bis hin zu »Ghosts Of Penn Hills«, mit der wundervollen Liebeserklärung an seine Großmutter und den Stadtteil, in dem sie und Fitzsimmons einst lebten:

»I will love you till these ghosts of Penn Hills will bring me where you are.«

 

 

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