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Bombay 1
Mit „Strobl“ liefern Bombay 1 ein Album, das wohl niemand von ihnen erwartet hat! Aus dem Hinterland deutscher Elektronika kommt plötzlich wunderbar warme Musik, welche deutlich näher bei den Kings of Convenience als bei Kraftwerk angesiedelt ist. Auf ihrem inzwischen dritten Album haben sich Bombay 1 von den elektronischen Klangwelten, den wütenden Techno-Beats und der Eiszeit-Atmospäre ihrer früheren Platten verabschiedet. Stattdessen gibt es nun klassisches Songwriting, beseelt und von Herzen kommend, und einen wahren Quantensprung in Sachen musikalischen Einfühlungsvermögens.
a hardcore agitprop rock ‘n’ roll sound
Bang Magazine
Beginnen wir mit ein paar geschichtlichen Daten:
Hinter Bombay 1 verbergen sich zwei alte Freunde namens Kurt Dahlke und Stoya. Beide kommen aus Düsseldorf, der Heimatstadt Kraftwerks. Dahlke, der es vorzieht, unter seinem Pseudonym Pyrolator („Weil er so gerne Sachen anzündet“, wie sein Partner trocken erklärt) aufzutreten, ist einer der ganz Großen der deutschen alternativen Rockszene. Er war Gründungsmitglied der legendären Elektro-Punker D.A.F., deren origineller Sound später von Bands wie Skinny Puppy und Nine Inch Nails begeistert aufgegriffen wurde. Nach der Veröffentlichung ihres Debütalbums stieg Dahlke bei D.A.F aus und gründete die Band Der Plan.
…the imagery and other worldliness of Syd Barret as interpreted by a glimlet- eyed Trent Reznor.
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Mit einer Mischung aus Residents-artigem Surrealismus und Elektro-Pop a la Visage erspielte sich Der Plan in den 80ern in Deutschland eine treue Fangemeinde, im Ausland hingegen blieb die Band – auf Grund der Tatsache, dass sie Deutsch sang – weitgehend unbekannt. Dahlke, der die Fehlfarben produzierte und mit ihnen getourt ist, betreibt seit Jahren das Label Ata Tak (bei dem u.a. Oval und Holger Hiller zu Hause sind) und betreute als Produzent neue Postrock-Elektronik-Acts wie To Rococo Rot und Kreidler. Bei Bombay 1 ist Dahlke derjenige, der die Knöpfe und Regler bedient, Stoya ist die Stimme, der Wortschmied. In der Vergangenheit war Stoya Besitzer eines Plattenladens, Hausbesetzer in Brixton, hat mit Andy Gill von der Art-Pop-Kultband Gang Of Four gearbeitet, als DJ in Deutschlands berühmtestem Punk-Club aufgelegt und war Mitglied der Band Trash Museum, deren Song „I´d Rather Die Young Than Grow Old With You“ zu John Peels Lieblingsstücken zählte. Momentan ist Stoya als Maler erfolgreich (eine seiner Ausstellungen lief unter dem Titel „Dub Like Dirt“ – benannt nach einem alten King Tubby Album).
Wie aber kommt es nun dazu, dass Stoya und Dahlke gemeinsam ein Album aufgenommen haben, dessen Songs abwechselnd nach Syd Barret, den Bright Eyes, Nick Drake, Love & Rockets, Snow Patrol, Julian Cope, Leonhard Cohen und sogar den Pet Shop Boys klingen? Ein Album, das ob seiner Qualität dem Vergleich mit einigen der genannten Acts durchaus standhält.
„Wir hatten uns für einen Monat ein Haus in einem kleinen Dorf namens Strobl gemietet“, erklärt Stoya den eigenartigen Albumtitel. „Das Haus lag an einem See mitten in den österreichischen Alpen. In diesem Haus stand ein wunderbares Klavier, wir haben also nur ein Mikrophon, einen Rechner und einen Sampler mitgenommen und dann Songs geschrieben. Als wir dann zurückkamen, haben wir die ursprünglich gesampelten Passagen durch reale Sounds ersetzt, also durch Streich-Orchester, Gitarre, Bass, Bläser. Und mit diesen Aufnahmen sind wir dann in die Londoner Mayfair Studios gegangen, wo Alex Silver, der in der Vergangenheit z.B. mit den Manic Street Preachers arbeitete, das Album abgemischt hat.“
Soweit also die trockenen Fakten. Das alles aber erklärt noch nicht, wie ein knorriges elektronisches Agit-Pop-Duo dazu kommt, ein Album voller sparsam instrumentierter, von Piano und Cello begleiteten, herzerweichenden Songs zum Thema Beziehungsverfall aufzunehmen.
„Da draußen auf dem Land fiel es mir viel leichter, wirklich persönliche Texte zu schreiben“, erläutert Stoya zurückhaltend. „Vier Wochen lang hörte man nichts als den Gesang der Vögel, das Rauschen des Windes und das Prasseln des Regens. Das führte dazu, dass ich viel zielgerichteter als früher schrieb. Ich wollte ein Album machen, dass so natürlich wie nur möglich klingt, ohne irgendwelchen Schnickschnack.“
Tatsächlich war es so, dass es in Stoyas langjähriger Beziehung, aus der auch zwei Kinder stammen, schon lange kriselte, und diese beinahe zerbrochen wäre. Diese Situation bildete den thematischen Ausgangspunkt des Albums, welches durchdrungen ist „vom Kampf, die Liebe wiederzufinden, und die mir liebsten Menschen wieder für mich zu gewinnen.“ Das Resultat dieses Kampfes sind die Songs eines Mannes, der beinahe alles verloren hätte, der in den Abgrund der Einsamkeit geschaut hat und mit dem, was er da sah, nicht leben konnte. Und all das in englischer Sprache! Stoya: „Mir fällt es leichter, persönliche Texte zu schreiben, wenn ich mich dabei einer Fremdsprache bediene. Englisch ist nicht meine Mutter-, aber meine Arbeitssprache.“
Obwohl das Album eher düster beginnt, handelt „Strobl“ doch davon, ins Leben zurückzukehren, die Freude wiederzufinden. Spätestens beim Stück „Bright New Day“ mit seinen an Lee Hazelwood erinnernden, knurrenden Vocals und den übermütigen Schrammelgitarren spürt der geneigte Hörer, dass die emotionale Talsohle durchschritten ist und es wieder bergauf geht.
Stoya: „Diesen Song haben wir an einem Vormittag aufgenommen, nachdem wir uns am Abend davor ziemlich die Kante gegeben hatten“, gesteht Stoya lachend. „Ich sagte: „Schnell, schell, ich muss den Song jetzt singen, weil ich am Mittag wieder meine normale Stimme haben werde. In diesem Stück ist also meine Kater-Stimme zu hören.“
Auf dem letzten Stück des Albums „Lost Souls“ sind dann sogar Stoyas Kinder als Background-Sänger mit von der Partie. Nun wird häufiger von Alben behauptet, sie würden eine Reise darstellen. Auch wenn „Strobl“ nicht ausschließlich von Stoyas Leben handelt, nimmt das Album einen aber tatsächlich auf eine Reise mit. Diese beginnt mit dem bedrückenden Gefühl der Trennung und gelangt über diverse, völlig unzusammenhängende und äußerst unterhaltsame Zwischenstops schließlich zum Gipfel der opulenten, Freude-durchtränkten Lovesongs. „Strobl“ ist kein schweres, düsteres Album. Es ist ein Album, das vom Leben handelt, und in dessen 40 Minuten man vom Anfang bis zum Ende schwelgen kann.
Bleibt abschließend noch zu klären, was es mit dem etwas merkwürdigen Bandnamen Bombay 1 auf sich hat: „Es gibt auf dieser Welt Orte, an denen man noch nie war, und die man aller Wahrscheinlichkeit auch nie sehen wird“, sagt Stoya. „Bombay – und auch Peking – sind für uns solche Orte. Man hat halt eine exotische Vorstellung davon, wie diese Orte aussehen, wie es dort ist. Es ist eine Art Traum-Realität, an der man sich festhalten kann. Genau das soll Bombay 1 sein.“
Hazy Soundscapes, industrial dope beats, neopsychodelia, noise pop or trip hop? Every category and no category suits this music of Bombay One. But one thing is for sure, ‚this record rocks‘.
Musikexpress
a concept which is comparable to Pink Floyds ‚The Wall‘.
soundbase-online.com