Fazerdaze
Amelia Murray, das kreative Genie hinter FAZERDAZE, schafft luftige, verträumte Sounds, die sich durch minimalistische Instrumentierung und eingängige Melodien auszeichnen. Ihre Musik, eine gelungene Verbindung von 60er-Pop-Songwriting und 90er Shoegaze-Ästhetik, entführt Hörer mit einer sanften Euphorie und Melancholie in eine Welt des schwebenden Genusses.
Wer jemals mit dem Skateboard über eine frisch geteerte Straße gerollt ist, wird zu dem Schluss gelangen, dass Amelia Murray kaum ein passenderes Motiv zu Bebilderung ihrer Musik bemühen könnte, als sie es im Video-Clip zum Song „A Little Uneasy“ tut: In einem einzigen langen Take skatet die neuseeländische Sängerin, Songwriterin, Gitarristin und Produzentin zwischen Bauzäunen und Palmen durch ein menschenleeres Industriegebiet, fällt hin und wieder etwas zurück, holt gemächlich Schwung und nähert sich erneut der Kamera, wobei man aus ihrem verhaltenen Lächeln dieses Gefühl sanfter Euphorie herauslesen kann, welches einen unweigerlich befällt, wenn die Vibration der Gummiräder durch den glatten butterweichen Asphalt soweit gedämpft wird, dass man tatsächlich meint, man würde schweben.
Ein Gefühl, das auch Amelias Musik zu erzeugen weiß. Nicht nur mit „A Little Uneasy“, der vorab ausgekoppelten Single, sondern auch den anderen Songs auf „Morningside“, dem nun erscheinenden Debüt-Album von Amelia Murrays musikalischem Alter Ego FAZERDAZE: Im Grunde mit Gitarre, Bass, Drumcomputer und zurückhaltend eingesetzten Synthies geradezu spärlich instrumentiert, schichten und verdichten sich ihre Kompositionen mit Hilfe von Hall und Verzerrung zu einem Sound, der dennoch so luftig und verträumt ist, dass er immer wieder vom Boden abzuheben und den Hörer davonzutragen droht. Allerdings sind Amelias Songs ausnahmslos mit Melodien versehen, die sich so fest im Gehörgang verankern, dass sie weder davondriften noch — wie etwa das stürmische, mit seinen sägenden Gitarren zwischen süßer Melancholie und noch süßerem Überschwang taumelnde „Friends“ — sich einfach losreißen können.
Für diese Verknüpfung von 60er-Pop-Songwriting mit der Shoegazer- und D.I.Y.-Ästhetik der 90er-Jahre wurde 2014 schon Amelias ebenfalls „Fazerdaze“ betitelte, übers Internet selbstveröffentliche erste EP von zahlreichen Blogs und Magazinen bis hin zum NME mit allerlei Lob und einer Aufmerksamkeit bedacht, wie sie Eigenproduktionen vom anderen Ende der Welt in der nördlichen Hemisphäre bei weitem nicht alle Tage zuteil wird.
Frühe Lorbeeren, auf denen Amelia sich beileibe nicht ausgeruht hat: FAZERDAZE, ursprünglich das Produkt einer Reihe nächtlicher Bedroom-Sessions im beschaulichen Auckland, ist vom Homestudio-Projekt längst zur Band gereift, die in den letzten zwei Jahren unermüdlich Bühnenerfahrung gesammelt hat. Auf Support-Touren mit internationalen Künstlern wie dem Unknown Mortal Orchestra, Connan Mockasin und Matt Corby folgte im Herbst 2016 eine UK-Tour. Diese Entwicklung, die aus Amelias unbedingtem Glauben ans „learning by doing“ resultiert und im organischeren Sound von „Morningside“ ihre Spuren hinterlassen hat, wird auch im Video zur zweiten Single-Auskopplung „Lucky Girl“ erfahrbar — einem Song, dessen Titel Programm ist und der sich mit seiner direkt auf den Bauch abzielenden Reverb-Gitarre quasi über Bande ins Hirn schmeichelt, wo er sich als heimlicher Hit dieses bemerkenswerten Debüt-Albums empfiehlt. Eines Albums, dessen Songs allesamt sogenannte „Grower“ sind und das sich dennoch – eben das macht es so bemerkenswert – bereits im ersten Durchgang als randvoll mit Hits erweist.
Amelias warme, verwehte Stimme und ihre wunderschönen, träumerischen Melodien mögen der ideale Begleiter für jene Orte und Momente sein, zu denen es einen vor allem deshalb zieht, weil sich Melancholie dort so gut anfühlt, allerdings besaß Schwermut selten eine solch mitreißende Leichtigkeit wie bei FAZERDAZE.
– Stephan Glietsch –